Kapitel 6-1 Die Social Media-Strategie für das #KommMit-Pilotprojekt
Der Social-Media-Ansatz war aus mehreren Gründen ein entscheidender Bestandteil des Pilotprojektes: Erstens ermöglichte er es dem #KommMit-Team, die spezifische Zielgruppe präzise zu definieren und zu erreichen. Dieser Ansatz lieferte die für die Evaluierung benötigten detaillierten Feedback-Daten und ist eine Plattform, die ein erhebliches Potenzial für die künftige Ausweitung des #KommMit-Projektes birgt, um das ehrgeizige strategische Kommunikationsziel der Schaffung einer breiten Präsenz für diese Stories zu erreichen.
Durch die detaillierte Beschreibung der #KommMit-Social-Media-Arbeit in diesem Kapitel erhältst Du Einblick in:
- Die Schlüsselelemente der Social-Media-Strategie
- Den Prozess der Strategieentwicklung, einschließlich Inhaltstyp und Plattformauswahl, Aufbau eines Zielgruppenprofils, Entwicklung von Inhalten und Botschaften, Copywriting, Testen und Teammanagement.
Im gesamten Kapitel stellen wir Dir Checklisten zur Verfügung, die Dir dabei helfen, über die Social-Media-Arbeit für Narrative Change nachzudenken, und Dich dabei unterstützen, Deine Arbeit in diesem Bereich zu beginnen.
6.1 Überblick über die Social Media-Strategie
- Durch die Verbreitung werteorientierter Stories über gesellschaftlichen Zusammenhalt im kleinen Maßstab zeigen wir, dass Aktivist*innen die Einstellungen der Zielgruppe „Die Etablierten“ gegenüber Muslim*innen, als muslimisch gelesene Menschen und gegenüber dem Islam ansprechen und positiv verändern können. Diese Einstellungen sollten um konstruktive Überlegungen und neue Horizonte erweitert und ihre weit verbreiteten negativen Auslöser (z. B. die Annahme, dass Muslim zu sein automatisch bedeutet, ein Ausländer zu sein) unterminiert werden.
- Beweisen, dass eine solche Verbreitung in sozialen Medien kosteneffizient und für Aktivist*innen mit begrenzten Social-Media-Kompetenzen umsetzbar ist
- Beweisen, dass der Storytelling-Ansatz bei niedrigen Produktionskosten effektiv ist.
6.2. Festlegung von Inhalten nach dem PESO-Modell
Restless Communications introduced the team to the PESO model, which we found very helpful as a bridge into the consideration of a targeted and feasible social media strategy for the #KommMit pilot. As illustrated in the diagram below, the PESO model helps advocates to focus on answering key questions on the balance of the types of content you are planning to produce in a social media campaign between Paid, Earned, Shared and Owned.
Restless Communications stellte dem Team das PESO-Modell vor, das wir als Brücke zur Überlegung einer zielgerichteten und umsetzbaren Social-Media-Strategie für das #KommMit-Pilotprojekt sehr hilfreich fanden. Wie im folgenden Diagramm dargestellt, hilft Dir das PESO-Modell, Dich auf die Beantwortung wichtiger Fragen zur Ausgewogenheit der Inhaltstypen zu konzentrieren, die Du in einer Social-Media-Kampagne zwischen bezahlten (Paid), verdienten (Earned), geteilten (Shared) und eigenen (Owned) Inhalten erstellen möchten.
In der folgenden Tabelle werden die einzelnen Elemente in einfachen Begriffen sowie die für das #KommMit-Pilotprojekt getroffenen Entscheidungen erläutert:
Erläuterung | #KommMit Pilotprojekt | |
---|---|---|
1. Eigene (Owned) | Der Hauptinhalt, der die Grundlage einer Kampagne bildet und diese vorantreibt | Kampagnenwebseite, Protagonisten-Storyseiten, Videos, Logo, Hashtags |
2. Verdient (Earned) | Die Erfassung/Reaktion von unbezahlten Personen, die auf die Kampagne reagieren, z. B. auf Medienartikel über eine Kampagne | Dies war kein Schwerpunkt von #KommMit, da die Mobilisierungsarbeit für Partnerschaften nicht Teil dieser Pilotphase war. Dies könnte im Rahmen einer zukünftigen Ausweitung einbezogen werden. |
3. Geteilt (Shared) | Kampagneninhalte, die von Partnern im Rahmen einer Kampagne verwendet werden können, z. B. Kampagnen-Kits | Diese Idee des gemeinsamen Inhalts wurde in die Projektwebseite integriert, indem sie so gestaltet wurde, dass problemlos weitere Stories von zukünftigen Partnern hinzugefügt werden können. Da der Schwerpunkt auf der Erweiterung der Partnerbasis liegt, um in Zukunft mehr Stories zu erzählen, ist diese Toolbox ein weiteres Element gemeinsamer Inhalte, das darauf ausgelegt ist, andere an Bord zu holen, damit sie den Ansatz nutzen und/oder Erfahrungen sammeln können. |
4. Bezahlt (Paid) | Die Werbung, die über Social-Media-Anzeigen, Plakate und/oder Influencer-Werbung bezahlt wird | Dieser Ansatz war für das Pilotprojekt von entscheidender Bedeutung, bei dem Anzeigen und Copy entwickelt wurden, um die fünf Ayoub-Videos über den Facebook Ad Manager zu bewerben. |
- Mit welchen Inhaltstypen hast Du bei Deiner Social-Media-Arbeit die meiste Erfahrung – bezahlt, verdient, geteilt oder organisch? Hast Du das PESO-Modell schon einmal verwendet?
- Welche Erfahrungen hast Du mit bezahlten Anzeigen in sozialen Medien? Könnte diese Methode effektiv sein, um Deine mittlere Zielgruppe zu erreichen?
- Welche Erfahrungen hast Du mit verdientem Inhalt? Hast Du die nötigen Partnerschaften, um dies umzusetzen (z. B. mit Journalist*innen und Influencer*innen)?
- Welche Erfahrungen hast Du mit der Erstellung von geteiltem Material für Partner, das in Koalitionskampagnen verwendet werden kann?
6.3. Auswahl der Plattform für das Pilotprojekt
Eine der Schlüsselfragen, die sich Narrative Change-Kampagnenmacher*innen häufig stellen, ist, wo sie die Menschen der beweglichen Mitte am besten erreichen und einbinden können. Im Jahr 2021 führte More in Common eine Studie durch, die sich darauf konzentrierte, genau diese Frage für die verschiedenen Segmente in Deutschland zu beantworten und auch zu ermitteln, wo man sie auf verschiedenen Social-Media-Plattformen erreichen kann3 .
Wie aus Abbildung 24 hervorgeht, sind Messenger-Apps wie WhatsApp die von den „Etablierten“ am häufigsten genutzte Plattformen. Ein deutscher Social-Media-Experte riet uns jedoch dringend davon ab, auf solchen Plattformen bezahlte Anzeigen zu schalten, da die deutsche Öffentlichkeit auf derartige Werbung nicht positiv reagiert. Da es sich hierbei um eine deutlich ältere Altersgruppe handelt, ist Facebook die nächstbeliebteste Plattform. Die Nutzung der Facebook-Werbeplattform bedeutet außerdem automatisch, dass diese Anzeigen auch auf Instagram gepostet werden. Angesichts der Beliebtheit der Plattform bei den „Etablierten“ und der integrierten zusätzlichen Reichweite, die Instagram automatisch bietet, beschloss die Arbeitsgruppe, das #KommMit-Pilotprojekt auf Facebook durchzuführen.
Eine letzte Überlegung galt dem Niveau der vorhandenen Social-Media-Kompetenzen im CLAIM-Netzwerk und damit der Frage, wie einfach der #KommMit-Pilotansatz zu übernehmen wäre. Facebook ist eine Plattform, die viele CSOs bereits nutzen, so dass kein zusätzlicher Kompetenzaufbau erforderlich ist. Dies ist bei YouTube nicht der Fall, und erfahrene Social-Media-Praktiker berichteten auch, wie schwierig es ist, Anzeigen auf YouTube zu schalten. Angesichts des langfristigen Ziels von #KommMit, das eine einfache Nachahmung durch CSO-Kommunikationsgruppen ermöglichen soll, befolgten wir diesen Rat, und das Team entschied sich gegen YouTube als Plattform.
- Mit welchen Social-Media-Plattformen hast Du die meiste Erfahrung?
- Was sind Deiner Erfahrung nach die Herausforderungen und Vorteile der einzelnen Plattformen?
- Kannst Du Dir vorstellen, Anzeigen auf Facebook und Instagram zu schalten, um mittlere Segmente wie „Die Etablierten“ anzusprechen?
- Hast Du die Kompetenz, Anzeigen auf diesen Plattformen zu entwickeln und zu schalten?
6.4. Erstellung eines Zielgruppenprofils für "Die Etablierten"
Die Erstellung eines Zielgruppenprofils, das sicherstellt, dass Du Dein Zielsegment effektiv erreichst, ist eine Mischung aus Kunst, Wissenschaft und Experimentieren, und es lohnt sich, sich beraten zu lassen und Zeit darauf zu verwenden. Digitalkampagnenmacher*innen in unserem Netzwerk haben berichtet, dass sie bei der Erstellung eines Zielgruppenprofils versucht haben, etwas auf die Schnelle zu tun, und am Ende die falsche Zielgruppe erreicht haben, was ungewollt viel negatives Feedback auf ihre Inhalte ausgelöst hat. Die gute Nachricht ist, dass Du, wenn Du einmal in den Aufbau eines Zielgruppenprofils für bestimmte Segmente investiert hast, dieses mit kleineren Updates und Anpassungen weiter nutzen kannst. In diesem Sinne stellen wir das Profil, das für die Zielgruppe „Die Etablierten" erstellt wurde, als Ressource in dieser Toolbox zur Verfügung.
Laut Facebook ist es für die effektive Erstellung eines Zielgruppenprofils für eine bestimmte Gruppe erforderlich, deren demografische Merkmale, Vorlieben und Lebensgewohnheiten gut zu kennen. Die Profile der von More in Common entwickelten Segmente liefern Informationen über viele Aspekte dieser Elemente, die für die Profilerstellung nützlich sind4 . Glücklicherweise hatte ICPA bereits mit einer früheren Koalition in Deutschland zusammengearbeitet, die sich ebenfalls an „die Etablierten" gewandt hatte, so dass wir von deren Zielgruppenprofil ausgehen konnten. Das #KommMit-Team aktualisierte es dann und richtete es auf die Orte und Regionen aus, auf die wir uns konzentrieren wollten.
Um den Ergebnissen des Pilotprojekts mehr Tiefe zu verleihen und das Material und das Zielgruppenprofil gezielter auszurichten, gingen wir von einer demografischen Analyse aus, die die Gebiete mit der höchsten Konzentration von Personen aus dem Segment „Die Etablierten" in Deutschland identifizierte. Auf dieser Grundlage beschloss das Team, das Pilotprojekt auf zwei Regionen zu konzentrieren: Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Das bedeutet nicht, dass es in anderen Teilen Deutschlands keine Menschen aus dem Segment „Die Etablierten" gibt, aber die Wahl dieser Regionen hatte erhebliche Vorteile: Wir konnten uns für das Pilotprojekt von generischen Stories lösen und an kleine Gemeinschaften in diesen Regionen denken; und diese Konzentration erhöhte die Chancen erheblich, die spezifische Zielgruppe in großer Zahl zu erreichen. Der Nachteil eines solchen Ansatzes besteht natürlich darin, dass man die spezifischen Erkenntnisse verliert, die andere Versionen dieser Stories beispielsweise in östlicheren Regionen des Landes zum Erfolg führen könnten. Dennoch war das Team der Ansicht, dass sich dieser Kompromiss für das #KommMit-Pilotprojekt lohnt.
Es ist erwähnenswert, dass sich die Daten, die für die Ansprache bestimmter Zielgruppen verwendet werden können, aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der zunehmenden Bedenken hinsichtlich des Micro-Targetings bei Wahlen auf Facebook ständig ändern. Als zum Beispiel das Profil „Die Etablierten" ursprünglich für eine frühere Kampagne im Jahr 2021 erstellt wurde, konnte man die spezifischen politischen Parteien auswählen, denen eine Zielgruppe als Teil des Profils folgen könnte. Im Jahr 2023 war dies nicht mehr möglich. An diesem Punkt musste die Arbeitsgruppe über Ersatzfaktoren nachdenken, die für das Profil ebenfalls nützlich sein könnten, und beschloss, das Interesse an Vereinen (e.V.) als etwas hinzuzufügen, das sich auf soziale Bindungen konzentriert, an denen dieses Segment interessiert ist und die sich in gewisser Weise mit ihrer zentristischen politischen Zusammensetzung überschneiden. Diese Art von Gesprächen und Entscheidungen sind das Herzstück des Prozesses der Zielgruppenprofilbildung und -anpassung.
- Das Facebook- Zielgruppenprofil, das für das #KommMit-Pilotprojekt erstellt wurde, um das Segment „Die Etablierten" in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zu erreichen.
- Hast Du Erfahrung mit der Erstellung oder Verwendung von Zielgruppenprofilen, um Anzeigen für Deine Arbeit in den sozialen Medien zu schalten?
- Wenn nicht, würde die Erstellung eines solchen Zielgruppenprofils Deine Arbeit in den sozialen Medien unterstützen?
- Kannst Du das demografische Profil, die Seiten, denen sie folgen, und die allgemeinen Lebensgewohnheiten einer Deiner Zielgruppen im Detail beschreiben?
- Wer in Deinem Team hat die Kompetenz und Erfahrung, dies zu tun?
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- 2Facebook Ads Manager
- 3More in Common (2021) Begegnung und Zusammenhalt: Wo und wie Zivilgesellschaft wirken kann
- 4See profiles on p. 37 in More in Common (2021) Zusammenhalt in der Einwanderungsgesellschaft: Wie die sechs gesellschaftlichen Typen über Migration denken.