1.2 Positive Wertekarte

Der erste Schritt des Narrative-Change-Planungsprozesses - Fokus und Anknüpfungspunkt finden - besteht aus fünf Elementen, die Euch bei der Entwicklung einer Kampagnenstrategie unterstützen. Auf dieser Seite konzentrieren wir uns auf das zweite Element: die positive Wertekarte.

IDENTIFIZIERUNG DES FOKUS UND AKNÜPFUNGSPUNKTES

Elemente

  1. Zielsetzung auf mittlere Segmente & deren aktuelle Frames

  2. Positive Wertekarte

  3. Narrativer Raum für Eure Kampagne

  4. Gelegenheit oder Anknüpfungspunkt

  5. Erreichbare Kampagnenziele

 

Die Elemente 2, 3 und 4 in Schritt 1 sind miteinander verbunden und als Block zu verstehen: Um zu einem Resonanzraum zu gelangen, der die Mitte einbindet, müssen die Kampagnenmacher*innen

  1. die positiven Werte identifizieren und grafisch darstellen, die die Zielgruppe selbst durch ihre Ansichten/Positionen fördern bzw. verteidigen will (1.2),
  2. eine Schnittmenge an gemeinsamen Werten finden und einen Narrativraum wählen, der für die Organisation, die die Kampagne durchführt, angemessen ist (1.3) und
  3. die sich mit einer identifizierten bevorstehenden Debatte oder Veranstaltung verbinden lässt (1.4).

 

Wie das Diagramm deutlich macht, haben wir die drei Elemente als schrittweisen trichterförmigen Prozess konzipiert:

Abbildung 1 - Kanalisieren, um einen Raum für resonante Botschaften zu finden, mit dem Ihr leben könnt.


Um zu einer angemessenen Schnittmenge an gemeinsamen Werten mit Euren/Eurem mittleren Segment(en) zu gelangen, müsst Ihr zunächst deren Werte in der Debatte besser verstehen und prüfen, ob sich ein geeigneter Anknüpfungspunkt finden lässt. Die folgende Aufgabe bietet einen schrittweisen Ansatz zum Aufbau einer positiven Wertekarte für Eure Zielsegmente.

 

Stellt die positiven Werte dar, die Eure Zielgruppen in der Debatte vertreten.

Der Versuch, einen ansprechenden Anknüpfungspunkt bei Eurem/Euren Zielsegment(en) zu finden, beginnt mit der Entwicklung einer positiven Botschaft, die sowohl mit Euren Werten als auch mit denen Eurer Zielgruppe(n) resoniert, d.h. eine Schnittmenge an gemeinsamen Werten. Nach unserer Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Aktivist*innen ist es oft schwierig, eine Gruppe von Menschen positiv zu beurteilen, deren Ansichten Ihr zumindest bedenklich findet. Diese Zweifel werden durch die Analyse von Ergebnissen der Meinungsforschung oft noch verstärkt (obwohl sie auch positive Überraschungen enthalten können). Die erste Herausforderung besteht also darin, die eher positiven Werte zu verstehen, die Euer/Eure Zielsegment(e) im Rahmen dieser Debatten fördern oder verteidigen.
 
In einem unserer Workshops haben wir eine Technik entwickelt, die es ermöglicht, das positive Selbstverständnis abzubilden, das Euer/Eure Zielsegment(e) in der Debatte hat/haben. Die Idee für diese Aktivität beruht auf der einfachen Tatsache, dass jede*r einzelne von uns ein Selbstverständnis als guter Mensch haben muss, um allgemein Selbstwertgefühl zu haben. Auf die Migrationsdebatte angewendet bedeutet dies, dass alle Segmente in der Migrationsdebatte ihre Position derart klären werden, dass sie sich als gut und ehrenwert betrachten können.

 


Abbildung 2 - Selbstverständnis von sich selbst als guter Mensch

 

Angenommen, Ihr akzeptiert dieses positive Selbstverständnis der Mitglieder Eures/Eurer Zielsegments/Zielsegmente: Betrachtet deren Kernargumente und bedenkt die positiven Werte, die sie in der Debatte für sich in Anspruch nehmen würden. In unserem Workshop habe wir eine Analyse der selbst angestrebten Werte durchgeführt, um diese Denkweise auszuweiten: Wir baten die Aktivist*innen, sich eine lange Liste positiver Werte anzusehen und zu überlegen, bei welchen davon die Zielsegmente sagen würden, dass sie diese in der Debatte fördern oder verteidigen.

 

Im Anschluss gruppierten die Teilnehmer*innen diese Werte und gaben den so entstandenen Wertegruppen Namen. So ergab unsere Erfahrung mit dem Segment der Wirtschaftspragmatiker*innen beispielsweise folgende positive Selbstkonzept-Wertekarte1 :

 

Offenheit
Stärke/Vermögen
Gemeinschaft/Deutschland
Fairness
Akzeptanz Ambition Gemeinschaft Verantwortlichkeit
Wohlwollen Die/Der Beste sein Glück Fairness
Nächstenliebe Exzellenz Loyalität  
Vielfalt Wachstum Schutz  
Freundlichkeit Individualität Sicherheit  
  Führung Macht  
  Leistung Belastbarkeit  
  Professionalität Stabilität  
  Qualität; Verantwortung  
  Erfolg Traditionalismus  
  Vermögen Wohlbefinden  
  Eifer Pragmatismus/Realismus  

 

Tabelle 3 - Beispiel-Wertekarte eines positiven Selbstverständnisses

Auf einen Blick wird deutlich, dass eine derartige Verortung die Tür zu einem positiven Werteraum öffnet, in dem es viele Optionen für den Aufbau positiver Botschaften gibt, von denen Ihr wisst, dass sie wahrscheinlich Anklang in Eurem/Euren Zielsegment(en) finden.

 

CHECKLISTE FÜR DIE PLANUNG
Schritt 1.2 – Positiver Werteraum
  • Welche positiven Werte könnt Ihr für Euer Zielsegment identifizieren, d.h. Werte, bei denen Euer Zielsegment sagen würde, dass es diese in der Migrationsdebatte vertritt und verteidigt? Nutzt diese Selbstkonzept-Werteliste, um Euren Blick zu weiten.
  • Könnt Ihr diese Werte gruppieren und jede Gruppe kategorisieren?
  • Könnt Ihr zunächst eine potenzielle Schnittmenge mit den Werten sehen, die in der Wertekarte Eures/Eurer Zielsegmente(s) identifiziert wurden?

 

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  • 1entwickelt im Rahmen eines ICPA-Workshops in Berlin, März 2018