3.1 Testen & Anpassen von Kampagnenelementen

Der dritte Schritt des Planungsprozesses für eine Narrative-Change-Kampagne - Vorbereitung auf Antworten und aktives Engagement - besteht aus drei Elementen, die Euch die Möglichkeit geben, die im vorherigen Schritt vorbereiteten Kampagnenteile zu testen, und Euch auch durch die Vorbereitung des Teams zum Kampagnen-Start im nächsten Schritt führen. Auf dieser Seite konzentrieren wir uns auf das erste Element: Testen und Anpassen von Kampagnenelementen.

VORBEREITUNG AUF ANTWORTEN UND ENGAGEMENT
Elemente
  1. Testen & Anpassen von Kampagnenelementen
  2. Entwicklung von Gesprächspunkten
  3. Vorbereitung des Teams

 

Obwohl die Ergebnisse aus der Forschung ein hilfreicher Ausgangspunkt sind, um ein vertieftes Verständnis Eurer Zielsegmente zu gewinnen, werdet Ihr bei der Zusammenstellung Eurer Strategie und bei der Entwicklung von Kampagnenelementen auch viele Annahmen über die Zielgruppe getroffen haben. Bei einer Narrative-Change-Kampagne wird davon ausgegangen, dass die Kampagnenelemente auf der richtigen Ebene ansprechend und resonant sind und dass Ihr einen „Dreh“ oder eine Herausforderung eingeführt habt, die dazu führen wird, dass Eure Zielgruppen des mittleren Segments bestimmte Positionen oder Stereotypen, die es vertritt, überdenkt. An dieser Stelle müsst Ihr also diese Annahmen wirklich testen, bevor Ihr mit der Kampagne an die Öffentlichkeit geht. Andernfalls ist es zwar gut gemeint und sorgfältig geplant, aber dennoch ein großes Risiko, die Kampagne zu starten, ohne die tatsächliche Resonanz bei der Zielgruppe zu prüfen.

Zwei Hauptaufgaben sollten von Eurem Kampagnenteam in diesem Element erledigt werden, die in den folgenden Abschnitten beschrieben werden.

 

Informiert Euch über mögliche Optionen zum Testen von Kampagnenbotschaften.

Es gibt viele Methoden zum Testen von Botschaften und Kampagnenelementen, die unterschiedlich viel kosten – es lohnt sich, zu schauen, was sowohl Euren Bedürfnissen als auch Eurem Budget am ehesten entspricht. Im besten Fall wollt Ihr einen Test durchführen, der:

  • Euch ein Feedback von den spezifischen Zielsegmenten gibt, die Ihr einbeziehen wollt;
  • es Euch ermöglicht, so viele Kampagnenelemente wie möglich zu testen und Feedback zu erhalten;
  • es Euch ermöglicht, Optionen für verschiedene Elemente der Kampagne zu testen, zum Beispiel mit einem A/B-Testansatz1 ;
  • es Euch ermöglicht, zu sehen, ob es während der Dauer des Tests zu einer Verschiebung der Positionen zu diesem Thema kommt.

 
Die häufigsten Testmethoden, die von Aktivist*innen verwendet werden, sind:

  • Fokusgruppen - Dies beinhaltet, eine Reihe von Personen aus Eurer Zielgruppe zusammenzustellen und die Botschaften mit einem Moderator oder einer Moderatorin durchsprechen zu lassen, um Feedback über den Kampagnenansatz und die Kampagnenelemente zu bekommen. Dies ist in der Regel eine ziemlich teure Option, liefert aber sehr reichhaltige qualitative Daten auf verschiedenen Ebenen, und man hat normalerweise die Chance, die Meinungsentwicklung im Laufe der Zeit in der Diskussion zu sehen. Ein weiterer Mehrwert dieser Methode besteht darin, dass das Kampagnenteam eine aktive Rolle als Beobachter von Fokusgruppen einnehmen kann und von der Beobachtung des emotionalen Tons sowie der Diskussion selbst profitiert.

 

  • Social-Media-Tests - Viele Aktivist*innen führen A/B-Tests auf Facebook durch, bei denen sie verschiedene Messaging-Möglichkeiten testen können, z.B. zwei Varianten einer Mischung aus Kampagnenbotschaften, Bildern und Stories in einem Beitrag, der vollständig auf das gewünschte Segment ausgerichtet ist, mit dem sehr hohen Grad an Segmentierungsdetails, die über die Facebook-Werbeplattform verfügbar sind2 . Dies ist eine relativ kostengünstige und effektive Methode, aber das Feedback und die erzeugten Daten sind breiter und dünner im Vergleich zur tiefen Natur eines Fokusgruppenansatzes.

 

  • E-Mail-Listen-Test - Dies ist eine kostengünstige Option und könnte funktionieren, sofern Ihr eine vielfältige und umfangreiche E-Mail-Liste habt, die Euer Zielsegment abdeckt. So berichten Aktivist*innen, die in Irland 2015 eine Ehe-Gleichstellungskampagne durchführten, dass dies eine sehr effektive Methode für sie gewesen sei3 . Ihr solltet allerdings bedenken, dass bei aller Kostengünstigkeit dieser Option die Gefahr besteht, offene Türen einzurennen, d.h. nur diejenigen zu erreichen, die sich bereits für Euren Newsletter angemeldet haben und entsprechend schon Interesse an euren Themen haben.

 

  • Online-Umfragen - Wie die große E-Mail-Liste kann diese Methode eine kostengünstige Option sein. In vielen Ländern gibt es die Möglichkeit, preiswerte Umfragen durchzuführen, indem man Fragen zu einer sehr unterschiedlichen Liste von Umfragen bei verschiedenen Kund*innen hinzufügt. Dies könnte eine vernünftige Option mit guter Reichweite in der Mitte sein. Der Ansatz liefert gute quantitative Daten, basiert aber auf einer zufälligen Auswahl der Öffentlichkeit und nicht auf der bewussten Einbeziehung Eurer Zielsegmente. Zudem besteht die Gefahr, dass die Antworten durch die zufälligen Fragen beeinflusst werden, die bei einem so kostengünstigen Umfrageansatz vor Euren Fragen kommen.

 

Equinet (ein Netzwerk europäischer staatlicher Gleichstellungsstellen) hat hilfreicherweise weitere Ansätze und Wege geteilt, um Messaging-Tests mit einem knappen Budget durchzuführen4 .


Investiert in das Testen von Annahmen und Kampagnenelementen ausgehend von dem Euch zur Verfügung stehenden Budget.

Wie bereits erwähnt gibt es viele Methoden zum Testen von Kampagnen und alle bedeuten unterschiedliche Kosten. Die Erfahrungen der Kampagnenorganisation Equinet zeigen: „Jeder Test ist besser als kein Test.“5 . Um den Wert solcher Tests zu veranschaulichen, berichtete Equinet über eine Umweltkampagne, die zwar humorvoll gestaltet war, die die Zielgruppen aber bei Tests tatsächlich als beleidigend empfanden. Infolgedessen mussten sie zurück ans Reißbrett und die Kampagne in eine andere Richtung lenken6 . Unser Partner, British Future, zeigte während einer unserer Narrative Change Lab-Veranstaltungen auch Beispiele von Botschaften, bei denen sie sicher waren, dass sie in der Mitte effektiv wirken würden, bis sie die Botschaften tatsächlich in Fokusgruppen testeten: In den Tests mussten sie feststellen, dass die Botschaften zwar bei der eigenen Basis verfingen, allerdings überhaupt nicht bei den Zielsegmenten aus der Mitte funktionierten. British Future reagierte, indem sie neue Botschaften für die Mitte entwickelten und die ursprünglichen Botschaften für die Basis beibehielten. Eure Kampagnenelemente müssen kontrolliert getestet werden, um ihre Gültigkeit zu gewährleisten. Aus dem Feedback könnt Ihr (hoffentlich) schließen, welche endgültigen Anpassungen für den Kampagnenansatz nötig sind, und das Kampagnenmaterial entsprechend optimieren.

Der folgende Fall ist ein weiteres Beispiel für den Wert des Message-Testing im Entwicklungsprozess deutscher Kampagnenteams, die wir bei ihrer ersten Auseinandersetzung mit der Mitte als definierter Zielgruppe unterstützen.

FALLBEISPIEL 3 – Narrative Change Lab – ICPA – Deutschland 
Im Rahmen unseres Capacity-Building- und Kampagnenentwicklungsprogramms, in dem wir die Entwicklung von zwei Reframing-Kampagnen unterstützten, haben wir ein Message-Testing mit Fokusgruppen durchgeführt. Der Test war wie folgt aufgebaut:
  • Die Fokusgruppen bestanden aus den Segmenten Wirtschaftspragmatiker*innen und Moralskeptiker*innen aus der Mitte in Deutschland7 .
  • Um die Gültigkeit des Tests zu gewährleisten, gab es vier verschiedene Gruppen von acht Personen, so dass sich eine solide Evidenzgrundlage für Entscheidungen über die Kampagnen ergab.
  • Ein professionelles Umfrageunternehmen führte das Screening zur Auswahl der Teilnehmer*innen durch und moderierte die Gruppen.
  • Für eine der Kampagnen haben wir zwei verschiedene Messaging-Möglichkeiten getestet: eine mit dem Fokus auf traditionelle Familienwerte und eine andere, welche die Vielfalt in der Stadt zelebrierte.
  • Kampagnenteams und unsere Lab-Teilnehmer*innen und Partner*innen hatten die Möglichkeit, die Fokusgruppen über die kompletten acht Stunden zu beobachten.

Die Lehren und Erkenntnisse aus der Erfahrung mit dem Message-Testing waren vielschichtig: Erstens erhielten wir wertvolles Feedback zu Kampagnenbotschaften und Elementen, die funktionierten und nicht funktionierten – die Kampagnenteams konnten auf dieser Basis Anpassungen vornehmen. Zweitens profitierten die Kampagnenteilnehmer*innen sehr davon, dass sie die Möglichkeit hatten, die Fokusgruppen zu beobachten. Dies erwies sich als ein wichtiges Element bei der Vorbereitung auf die Einbeziehung des Mitte-Publikums: Buchstäblich zu sehen, wie die Menschen auf ihre Kampagne reagieren, ist der ultimative Weg, um mit den Vorbereitungen für die bevorstehenden Kampagnengespräche zu beginnen. Interessanterweise wurde die Diskussion personalisiert, da wir die mittleren Segmente von der Forschungsseite in das wirkliche Leben verschoben: Nun sprechen die Kampagnenteams über bestimmte Personen aus den Fokusgruppen (z.B. Christian, Udo, Corinna) und nicht über abstrakte Segmente. Gleichzeitig wurden sie sich ihrer eigenen Vorurteile und Erwartungen bewusst, die sie darüber hatten, wie die Mitte auf das Kampagnenmaterial reagieren würde – dies wurde in den Diskussionen der Fokusgruppen oft enttarnt.

 

 

CHECKLISTE FÜR DIE PLANUNG
Schritt 3.1 - Testen & Anpassen von Kampagnenelementen
 
Vor dem Testen:
  • Welche Kampagnenelemente und/oder Ansätze müsst Ihr testen?
  • Welche Testmöglichkeiten gibt es und welche sind für Euch und Euer Budget am besten geeignet?
Nach dem Testen:
  • Wie war der Test? Wie wurde auf die Kampagnenelemente reagiert?
  • Was habt Ihr über Eure Zielsegmente erfahren?
  • Wie werdet Ihr Eure Kampagne nach dem Feedback anpassen?

 

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